77

Kjell hielt noch den Hörer in der Hand und betrachtete ihn verwundert. Was war das wieder für ein sonderbarer Anruf von Sofi Johansson? Er würde es auch diesmal nicht herausfinden und legte auf.

Um sich ein wenig zu bewegen, ging er zu Barbro hinüber. Sie saß an ihrem Schreibtisch und schichtete Papiere zu Stapeln. Anscheinend gab es keine neuen Meldungen. Er setzte sich auf den Besucherstuhl und wartete, bis einer von ihnen etwas Interessantes zu sagen hatte. Nach einer Viertelstunde klingelte das Telefon. Barbro nahm routiniert ab, lauschte und schaltete den Lautsprecher ein. Der Anrufer war Theresa.

„Besitzer war anscheinend Tarquinius Superbus, der letzte König von Rom.“

Kjell seufzte.

„Passt das zu unserer Datierung?“, fragte Barbro.

„Etwa 500 vor Christus. Ich fahre gerade nach Rom zurück und rufe noch einmal an, wenn ich angekommen bin. Was soll ich als nächstes machen?“

„Bist du mit den Italienern zusammen?“

„Ja. Sie fahren vor mir.“

„Es gibt eine Nachfrage vom schwedischen Botschafter in Rom. Er hat einem Mitarbeiter vom Ministerium seinen Mercedes geliehen und nicht zurückbekommen.“

„Den habe ich gestern getroffen. Er wollte zu Maeros Ferienhaus und der Familie kondolieren.“

„Ist das in der Nähe?“

„Na ja. Sollen wir hinfahren?“

Kjell beugte sich vor. „Wie viele seid ihr?“, rief er zur Hörmuschel.

„Zu dritt in zwei Fahrzeugen.“

„Seid vorsichtig.“

Barbro drückte den Hörer wieder an ihr Ohr. „Der Botschafter hat die Telefonnummer des Mitarbeiters nicht. Es kann etwas völlig Harmloses sein.“

„Bevor ich es vergesse! Ich habe Professor Reich auch das Krypto gezeigt. Selbst er als größter Experte des Etruskischen kann es nicht lesen, aber er bezweifelt, dass es sich um Kunstetruskisch handelt.“

„Hält er es etwa für echt?“

„Ich habe mir nur das mit dem Chi gemerkt. Dass der th-Laut wie T geschrieben wird, hat nichts mit der Tastatur zu tun. Im späten Etruskischen sind TH und T zu einem einzigen Laut geworden. Alles in allem hält er es also für sehr spätes Etruskisch, in dem einige altmodische Dinge bewahrt wurden. So soll ich es dir ausrichten. Macht’s gut.“

Theresa legte einfach auf. Kjell folgte Barbro in den Besprechungsraum und sah ihr dabei zu, wie sie den Namen Tarquinius auf die Wandtafel schrieb.

„Lass uns etwas essen gehen“, schlug er vor.

Sie hatten sich gerade einen Tisch in der Kantine ausgesucht, als jemand die Glastür aufstieß und umherblickte. Kjell winkte. Henning winkte zurück und machte auf dem Weg einen Abstecher zur Theke, wo er sich ausgiebig beraten ließ. Fünf Minuten später kam mit einem vollen Tablett am Tisch an. Er trank das Glas Cider halb aus, bevor er zu essen begann.

„Du siehst müde aus, Henning“, murmelte Barbro und streichelte ihm über die Schulter.

Er nickte bloß. Computer raubten ihm immer schnell seine Kraft. Im Büro benutzte er sie nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Heute war er acht Stunden in Arlanda geblieben und hatte mehrmals angerufen.

Sie aßen schweigend. Zwischendurch stand Henning auf, ging zu einem entfernten Tisch und holte sich die Abendzeitung, die dort jemand liegengelassen hatte. Er aß seinen Teller leer und studierte die Sportergebnisse.

„Ich hole Kaffee“, sagte Kjell und machte sich auf den Weg.

Nach dem ersten Schluck wurde Henning gesprächig. „Sveavägen 108. Im vierten Stock.“

Kjell und Barbro setzten ihre Tassen ab.

„Fabia Terni lebt seit dem 12. Januar 2003 unter dem Namen Laura Menotti im vierten Stock vom Sveavägen 108. Sie ist volksbuchgeführt und hat eine Personennummer.“

Henning nahm noch einen Schluck aus seiner Tasse.

Kjell zuckte und starrte seinen Kollegen an.

Barbro behielt ihre Ruhe. „Wo ist das, Nummer 108?“

„Etwa sechs Meter von der Stelle entfernt, wo sie aufgeschlagen ist. Sie fliegt seit 2003 gelegentlich nach Italien und hatte nie ein Einkommen in Schweden. Jedenfalls steht es so in ihren Steuererklärungen.“

„Wie hast du das herausbekommen?“

„Sie ist der einzige italienische Flugpassagier, der in Italien gar nicht existiert.“

„Es gibt keine Laura Menotti?“

„Ganz recht. Diese Identität ist auch falsch, völlig frei erfunden. Jetzt wissen wir wenigstens, warum sie ohne Jacke aus dem Haus gegangen ist.“

„Und du sitzt hier seelenruhig!“

„Wir warten auf die Unterschrift des Richters und das Einsatzkommando.“

03 - Der kopflose Engel
cover.html
Scholten_Der kopflose Engel.html
Scholten_Der kopflose Engel-1.html
Scholten_Der kopflose Engel-2.html
Scholten_Der kopflose Engel-3.html
Scholten_Der kopflose Engel-4.html
Scholten_Der kopflose Engel-5.html
Scholten_Der kopflose Engel-6.html
Scholten_Der kopflose Engel-7.html
Scholten_Der kopflose Engel-8.html
Scholten_Der kopflose Engel-9.html
Scholten_Der kopflose Engel-10.html
Scholten_Der kopflose Engel-11.html
Scholten_Der kopflose Engel-12.html
Scholten_Der kopflose Engel-13.html
Scholten_Der kopflose Engel-14.html
Scholten_Der kopflose Engel-15.html
Scholten_Der kopflose Engel-16.html
Scholten_Der kopflose Engel-17.html
Scholten_Der kopflose Engel-18.html
Scholten_Der kopflose Engel-19.html
Scholten_Der kopflose Engel-20.html
Scholten_Der kopflose Engel-21.html
Scholten_Der kopflose Engel-22.html
Scholten_Der kopflose Engel-23.html
Scholten_Der kopflose Engel-24.html
Scholten_Der kopflose Engel-25.html
Scholten_Der kopflose Engel-26.html
Scholten_Der kopflose Engel-27.html
Scholten_Der kopflose Engel-28.html
Scholten_Der kopflose Engel-29.html
Scholten_Der kopflose Engel-30.html
Scholten_Der kopflose Engel-31.html
Scholten_Der kopflose Engel-32.html
Scholten_Der kopflose Engel-33.html
Scholten_Der kopflose Engel-34.html
Scholten_Der kopflose Engel-35.html
Scholten_Der kopflose Engel-36.html
Scholten_Der kopflose Engel-37.html
Scholten_Der kopflose Engel-38.html
Scholten_Der kopflose Engel-39.html
Scholten_Der kopflose Engel-40.html
Scholten_Der kopflose Engel-41.html
Scholten_Der kopflose Engel-42.html
Scholten_Der kopflose Engel-43.html
Scholten_Der kopflose Engel-44.html
Scholten_Der kopflose Engel-45.html
Scholten_Der kopflose Engel-46.html
Scholten_Der kopflose Engel-47.html
Scholten_Der kopflose Engel-48.html
Scholten_Der kopflose Engel-49.html
Scholten_Der kopflose Engel-50.html
Scholten_Der kopflose Engel-51.html
Scholten_Der kopflose Engel-52.html
Scholten_Der kopflose Engel-53.html
Scholten_Der kopflose Engel-54.html
Scholten_Der kopflose Engel-55.html
Scholten_Der kopflose Engel-56.html
Scholten_Der kopflose Engel-57.html
Scholten_Der kopflose Engel-58.html
Scholten_Der kopflose Engel-59.html
Scholten_Der kopflose Engel-60.html
Scholten_Der kopflose Engel-61.html
Scholten_Der kopflose Engel-62.html
Scholten_Der kopflose Engel-63.html
Scholten_Der kopflose Engel-64.html
Scholten_Der kopflose Engel-65.html
Scholten_Der kopflose Engel-66.html
Scholten_Der kopflose Engel-67.html
Scholten_Der kopflose Engel-68.html
Scholten_Der kopflose Engel-69.html
Scholten_Der kopflose Engel-70.html
Scholten_Der kopflose Engel-71.html
Scholten_Der kopflose Engel-72.html
Scholten_Der kopflose Engel-73.html
Scholten_Der kopflose Engel-74.html
Scholten_Der kopflose Engel-75.html
Scholten_Der kopflose Engel-76.html
Scholten_Der kopflose Engel-77.html
Scholten_Der kopflose Engel-78.html
Scholten_Der kopflose Engel-79.html
Scholten_Der kopflose Engel-80.html
Scholten_Der kopflose Engel-81.html
Scholten_Der kopflose Engel-82.html
Scholten_Der kopflose Engel-83.html
Scholten_Der kopflose Engel-84.html
Scholten_Der kopflose Engel-85.html
Scholten_Der kopflose Engel-86.html
Scholten_Der kopflose Engel-87.html
Scholten_Der kopflose Engel-88.html
Scholten_Der kopflose Engel-89.html
Scholten_Der kopflose Engel-90.html